Der Deutsche Bundestag gedachte am Mittwoch, dem 31. Januar 2024, der Opfer des Nationalsozialismus. Die Gedenkstunde im Plenarsaal thematisierte in diesem Jahr die generationenübergreifende Aufarbeitung des Holocaust. Zwei Schüler unseres Gymnasiums konnten dank einer Einladung – weitergeleitet vom HTM Peenemünde – dabei sein.
Gemeinsam mit mehr als 60 Jugendlichen beschäftigten sie sich vier Tage lang damit, wie Erinnerungen an die nationalsozialistische Verfolgung in Familien und auch innerhalb der Gesellschaft weitergegeben werden können. Sie haben Archive besucht, stille Helden kennengelernt, mit der Bundestagspräsidentin und einer Zeitzeugin diskutiert.
Schaut euch gern folgendes Video an und lest die Berichte von Gunnar und Tjark.
Erfahrungen von Gunnar Beer, Schüler der Klasse 12 B
Als Teilnehmer der Jugendbegegnung, die sich intensiv mit der Erinnerung an den Holocaust und seinen Folgen befasste, war meine Erfahrung äußerst bereichernd. An den verschiedenen Tagen erlebten wir eine Vielzahl von Aktivitäten, die uns nicht nur historische Einblicke gewährten, sondern auch persönliche Reflexionen und emotionale Verbindungen ermöglichten.
Am ersten Tag tauchten wir tief in Diskussionen über die Übertragung von Traumata und die Bedeutung jüdischer Identität ein. Durch Leroy Schwarz' bewegende Familiengeschichte erhielten wir einen direkten Einblick in die Auswirkungen des Holocausts auf nachfolgende Generationen. Diese Gespräche führten zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema, die uns alle stark berührte.
Am zweiten Tag besuchten wir die Arolsen Archives, wo wir die Geschichten von Holocaust-Opfern erforschten. Eine bemerkenswerte Frau berichtete von ihrer eigenen erfolgreichen Suche nach ihren jüdischen Wurzeln, die sie dank des Archivs wiederentdeckte. Diese persönlichen Berichte verstärkten unsere Bindung zur Geschichte und sensibilisierten uns für die Bedeutung der Erinnerung.
Der dritte Tag führte uns zu Gedenkstätten in Berlin, wo wir uns mit den Gräueltaten bezüglich des Holocausts und den Taten von „stillen Helden" auseinandersetzten. Die Geschichten von Menschen wie Tadeusz Pankiewicz, die ihr Leben riskierten, um anderen zu helfen, hinterließen einen tiefen Eindruck. Diese Begegnung mit Geschichte und Menschlichkeit stärkte unser Verständnis für die Wichtigkeit von Mitgefühl und Engagement.
Am vierten und letzten Tag der Jugendbegegnung hatten wir die besondere Gelegenheit, an der Gedenkstunde des Bundestags zum Holocaust teilzunehmen. Gastredner waren die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und der Sportjournalist Marcel Reif, die stellvertretend für die erste und zweite Holocaust-Generation sprachen. Ihre bewegenden Berichte berührten uns zutiefst und unterstrichen die Bedeutung der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnete die Gedenkstunde, an der auch hochrangige Vertreter der deutschen Regierung teilnahmen.
Nach der Gedenkstunde hatten wir die Möglichkeit, an einer Podiumsdiskussion mit den Jugendlichen teilzunehmen, bei der wir uns mit den Gastrednern und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas austauschen konnten. Es war ein eindrucksvoller Abschluss unseres mehrtägigen Veranstaltungsprogramms, das uns nicht nur historisches Wissen vermittelte, sondern auch persönliche Reflexionen und emotionale Verbindungen ermöglichte.
Zusätzlich zu den Veranstaltungen im Bundestag besuchten wir eine Ausstellung im Paul-Löbe-Haus, die den sogenannten Kindertransporten gewidmet war. Diese Ausstellung verdeutlichte uns die herzzerreißende Trennung zwischen Eltern und Kindern während dieser dunklen Periode der Geschichte und erinnerte uns daran, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten.
Insgesamt war die Teilnahme an der Jugendbegegnung eine äußerst bereichernde Erfahrung, die uns dazu inspiriert hat, uns weiterhin für Menschlichkeit, Toleranz und die Aufarbeitung der Vergangenheit einzusetzen.
Erfahrungen von Tjark Edwardson, Schüler der Klasse 12 B
An der Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages zum Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung in Familie und Gesellschaft vom 28. bis zum 31. Januar 2024 teilzunehmen, war definitiv eine Ehre für Gunnar und mich und sicherlich auch für alle anderen Teilnehmenden, sowohl aus Deutschland als auch Teilen Europas.
Die vier Tage haben sich durch die strikt durchgeplante Organisation als herausfordernd für uns alle erwiesen, doch neben diesen Anstrengungen stand das große Engagement von uns Teilnehmenden, den Organisatoren, den Repräsentanten entsprechender Organisationen, sowie Betroffenen und Angehörigen, welche den Holocaust direkt oder durch ihre Familie indirekt miterlebt haben.
Dabei stand vor allem das Erinnern an die NS-Verbrechen über Generationen hinweg im Vordergrund und das im Hinblick auf eine immer weiter sinkende Zahl an Holocaust-Überlebenden, was dazu führt, dass nun langsam die Frage darüber gestellt werden muss, wie man sich in Zukunft an diese Taten erinnern sollte.
Doch im Laufe dieses Projektes fanden wir eine klare Antwort auf diese Frage. Ob es die berührenden Reden von Eva Szepesi oder Marcel Reif, der Blick auf die vielen Denkmäler in Berlin oder die Führung durch die Arolsen Archives in Hessen waren, eins wurde uns klar, wir können unglaublich Stolz auf unsere Erinnerungskultur sein und wir müssen auch in Zukunft dafür sorgen, dass diese erhalten bleibt, nicht nur durch nachfolgende Generationen, sondern auch mithilfe von digitalen Möglichkeiten.
Es sollte und muss unsere Aufgabe sein, nicht nur als Täterland, sondern auch als Menschen, für immer an diese unaussprechlichen und grausamen Verbrechen zu erinnern. So wie es Marcel Reif in seiner Rede vor dem Bundestag sagt: „Ihr tragt nicht die Schuld an dem, was damals passiert ist. Aber ihr tragt die Verantwortung, Ungerechtigkeit entgegenzutreten.“